Unsere Kolumnistin Ulli Bauer erzählt aus dem ganz alltäglichen Wahnsinn einer Garnelenverrückten, die sich im Online-Universum bewegt.
Würmer sind Ansichtssache, und im Zweifel ist es eh eine Planarie!
So einfach kann man sich‘s natürlich schon machen – aber man könnte auch die in der Facebook-Aquaristik-Gruppe geposteten Fotos erstmal genauer anschauen und die gängigen Bestimmungsmerkmale für wenigstens eine ganz, ganz grobe Bestimmung anwenden.
So man sie denn kennt.
Ja, Ihr lest richtig, es ist mein hundertdrölfzigster Rant über eine ausgesprochen vorschnelle Bestimmung eines Wesens als Planarie, das sich lediglich zuschulden kommen ließ, länger als breit zu sein. Und wie so oft ist es halt mal wieder in einer Facebook-Gruppe geschehen.
Spoiler: Es war natürlich wie meistens eben doch keine Planarie (Bild), sondern ein harmloser Scheibenwurm. Zwar bewegte sich das Tierchen gleitend, was es zum Verdachtsfall machte – aber ihm fehlten sowohl die Augenflecken, der Schlundfleck als auch die typische Aufteilung des Darms.
(Foto: Chris Lukhaup)
Als der Bestimmende vorsichtig drauf hingewiesen wurde (übrigens nicht von mir!), dass nicht unbedingt alles direkt eine Planarie sein muss, was im Aquarium so über die Frontscheibe glitscht, wurde es in der Gruppe kurz dezent ungemütlich, und dabei fiel dieses Zitat: „Was das für ein Wurm ist, ist eine Ansichtssache.“ Da sitzt man dann schon kurz in stummem Staunen vorm Rechner ... aber Ihr kennt mich, und nun ist der Bestimmende mit einer umfassenden Liste ausgestattet, wie man Planarien sicher erkennt und wann es eben keine ist. Ich helfe ja gern :).
Libellenlarven: nicht nachmachen!
Wieder mal hat jemand eine Libellenlarve mit Aquarienpflanzen eingeschleppt. Eine Kleinlibellenlarve dieses Mal. Und wieder mal überschlagen sich die Ratschläge: Och, das arme Ding, bitt e direkt in die Freiheit entlassen, ab in den nächsten Teich/See/Bach (zutreffendes bitte ankreuzen).
Danach kommen die, die sich wirklich auskennen, und bitten darum, das Tierchen auf keinen Fall auszusetzen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dieser im Aquarium auf getauchten Libellenlarve um keine heimische Art handelt, echt hoch ist. Eine nicht heimische Art darf nicht in die Natur entlassen werden – die Gefahr, dass man etwas Invasives einschleppt, ist ja durchaus gegeben. Nicht umsonst gibt es um die alten Wasserpflanzengärtnereien herum teilweise schon länger nachgewiesenermaßen Populationen asiatischer Libellenarten!
Aber dann schießt eine den Vogel ab: Man möge ihr die Larve ihr schicken, sie habe einen Balkonteich. Wo solle das Tierchen denn von dort aus hin, der ist ja im vierten Stock! Dass Libellen sehr gut fliegen können, wird weggelächelt. Flughöhen bis 20 Meter bei heimischen Arten werden ignoriert ... der internationale Rekord für Libellen liegt übrigens bei 2.000 Metern Flughöhe.
Der Balkonteich im vierten Stock ist daher vermutlich nicht wirklich ein Problem für eine unternehmungslustige invasive Art.
Also: Bitte nicht nachmachen! Potentiell invasive Libellenlarven gehören nicht in die Natur. Wem es schwer fällt, sie zu töten – das kann ich gut verstehen: Es gibt immer noch die Dragonfly-Libellenauffangstation, an die man diese Tiere schicken kann:
https://www.facebook.com/LibellenAuffangstation/
Eure Ulli Bauer
Ein Beitrag aus der
2024/4 caridina
