Wie viele Fische sind ein Schwarm?

Wie viele Fische sind ein Schwarm?

Beschreibung Titelbild: Danio rerio ist bei Forschern für Experimente beliebt. (Foto: Chris Lukhaup)

Vielteilchenphysik und Zebrabärblinge

Text: OLIVER MENGEDOHT


Auch Physiker interessieren sich für Fische – vor allem, wenn sie die Bildung von Strukturen erforschen. Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und der Universität Bristol (Vereinigtes Königreich) untersuchte das Schwarmverhalten von Zebrabärblingen (Danio rerio, auch als „Zebrafische“ bekannt) mit Methoden der Vielteilchenphysik. In der Fachzeitschrift Nature Communications erläutern sie, dass sich schon drei Fische ähnlich wie große Fischschwärme bewegen, zwei Fische dagegen ein ganz anderes Verhalten aufweisen.

Gemessene Schwimmtrajektorien von drei Zebrabärblingen (schwarze Umrisse) in gelb, blau und rot koloriert. (Grafik: Univeristy of Bristol/Yushi Yang)

„Three is a crowd“ – dieser englische Spruch scheint nicht nur für „Die drei ???“ und die Drei Musketiere zu gelten. Auch bei verschiedenen Phänomenen in den Naturwissenschaften – wie den Grundfarben oder den Raumdimensionen – genügen drei Zahlen, um verschiedene Zustände zu charakterisieren. Physikerinnen und Physiker untersuchten nun, wie sich verschieden große Gruppen von Lebewesen verhalten. Sie wollten wissen, ab welcher Größe sich die Bewegungsmuster der einzelnen Mitglieder zu einer koordinierten Gruppenbewegung ändert. Tatsächlich scheint für Zebrabärblinge die Drei die entscheidende Zahl zu sein.

Ein Aquarium in Bristol bestückten die Physiker dazu mit synchronisierten Kameras, um so die dreidimensionalen Schwimmtrajektorien ihrer Zebrafische zu messen. Sie nahmen diese Bahnen systematisch für verschiedene Gruppengrößen – 2, 3, 4 und 50 Fische – auf. In den Schwimmtrajektorien fanden sie verschiedene Bewegungsmuster: Entweder schwammen die Fische alle in dieselbe Richtung, oder sie drehten sich gemeinsam im Kreis. Bewegten sie sich in dieselbe Richtung, dann schwammen sie entweder neben- oder hintereinander.

Danio rerio in einem wissenschaftlichen Institut. (Foto: Karol Głą b/CC BY-SA 30)

Ein isoliertes Paar aus zwei Fischen bewegt sich vorzugsweise hintereinander – ein Fisch führt, der andere folgt. Drei Fische schwimmen aber nebeneinander; anscheinend will keiner von ihnen der letzte sein. Und: Solches Nebeneinanderschwimmen charakterisiert auch einen großen Fischschwarm. Im großen Schwarm markierten die Forschenden anschließend auch kleine Teilgruppen.

Sie stellten fest, dass sich Dreiergruppen innerhalb des Schwarm sehr ähnlich wie eine isolierte Dreiergruppe bewegen. Markierten sie dagegen nur zwei Nachbarn, dann verhielten sich diese im Schwarm anders als in einer isolierten Zweiergruppe. Dr. Alexandra Zampetaki aus Düsseldorf (jetzt Wien), die zusammen mit Dr. Yushi Yang Erstautorin der Studie ist, stellt fest: „Drei Fische bilden praktisch einen Schwarm, aber zwei reichen dafür nicht.“

Zebrabärblinge im Habitat in Indien. (Foto: Hopeland/CC BY 40)

Dieses einfache Ergebnis gelte erst einmal nur für Zebrabärblinge. „Die Konzepte können aber auch auf andere Beispiele der Fauna übertragen werden“, betont der Korrespondenzautor Prof. C. Patrick Royall von der Universität Bristol, der jetzt an der EPSCI in Paris arbeitet. „Dazu zählen andere Fischschwärme wie solche aus Goldfischen oder Sardinen, aber auch Vogel- und Insektenschwärme wie fliegende Stare und tanzende Mücken.“


Literatur

Zampetaki, A., et al. (2024): Dynamical Order and ManyBody Correlations in Zebrafish show that Three is a Crowd. Nature Communications 15: 2591. DOI: 10.1038/s41467024464261

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