Der Shelta-Höhlenkrebs lebt nur in dieser einen Grotte unter der Stadt Huntsville
Text: OLIVER MENGEDOHT
Fotos/Grafik: Dooley et al. (2022) / CC BY 4.0
Der Shelta-Höhlenkrebs (Orconectes sheltae) ist ein kleiner, höhlenbewohnender Vertreter der Familie Cambaridae, der nur in einem einzigen Höhlensystem vorkommt – der Shelta-Höhle im Nordwesten der Stadt Huntsville in Alabama, USA. Obwohl dieser 1963 entdeckte Grundwasserbewohner nie in großer Zahl vorkam, wurde er in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren regelmäßig beobachtet, bevor die Population und die aquatische Gemeinschaft in der Shelta-Höhle im Allgemeinen zusammenbrachen. Forscher haben die Art jetzt wiederentdeckt, von der sie annahmen, sie sei längst ausgestorben.
Karte des Shelta-Höhlensystems mit den Fundorten der beiden Krebse.
Wahrscheinlich Allesfresser
Der Sheltae-Höhlenkrebs kommt zusammen mit zwei anderen stygobiotischen, also grundwasserbewohnenden Krebsen in der Shelta-Höhle vor: Während jüngste Erhebungen das Fortbestehen des Südlichen Höhlenkrebses (O. australis) bestätigt haben, wurde der Alabama-Höhlenkrebs (Cambarus jonesi) seit 1988 nicht mehr nachgewiesen. Die Wiederentdeckung stimme optimistisch, dass andere Höhlen- und Grundwasserarten, die seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr beobachtet wurden, zwar stark vom Aussterben bedroht sind, aber doch noch existieren, wie etwa auch der Tennessee-Höhlensalamander (Gyrinophilus palleucus).
Der Flusskrebs ist nur ein paar Zentimeter lang und hat winzige Scheren. „Interessanterweise ist der Flusskrebs Höhlenbiologen seit den frühen 1960er-Jahren bekannt, wurde aber erst 1997 von dem verstorbenen Dr. John Cooper und seiner Frau Martha formell beschrieben“, erklärt Assistenzprofessor Dr. Matt hew L. Niemiller der University of Alabama in Huntsville (UAH). Abgesehen von der Dissertationsarbeit von Dr. Cooper sei nur wenig über die Art bekannt. „Wir wissen nichts über die Ernährung dieser Art, aber es handelt sich wahrscheinlich um einen Allesfresser, der sich von organischem Material ernährt, das in die Höhle gespült oder eingebracht wurde, sowie von kleinen wirbellosen Tieren wie Copepoden und Amphipoden.“
Schon immer selten
Als selten galt die Art schon immer: Nur 115 Individuen wurden von 1963 bis 1975 dokumentiert, und seitdem nur drei weitere. Das aquatische Ökosystem brach in den frühen 1970er-Jahren zusammen, wahrscheinlich als Folge einer Grundwasserkontamination und des Verlusts der „Energiezufuhr“ durch eine Kolonie der Grauen Fledermaus (Myotis grisescens), Deren Abwandern könnte an einem Tor liegen, das zwar gebaut wurde, um Menschen zum Schutz der Fledermäuse von der Höhle fernzuhalten, aber letztlich nicht fledermausfreundlich konstruiert war.
„Nach einigen Jahrzehnten ohne bestätigte Sichtungen und dem dramatischen Rückgang anderer aquatischer Höhlenlebewesen in der Shelta-Höhle befürchteten einige, darunter auch ich, dass die Krebse nun ausgestorben sein könnten“, gibt Niemiller zu. Die Höhle gehört der Nationalen Speläologischen Gesellschaft (NSS) und befindet sich unauffällig unterhalb des Hauptsitzes
dieser Organisation, umgeben von Wohnsiedlungen und belebten Straßen. Die Verstädterung des Gebiets über der Höhle habe möglicherweise auch den Eintrag von Schadstoffen wie Pestiziden und Schwermetallen in das Höhlensystem erhöht.
Die Wiederentdeckung
„Wir haben 20 Untersuchungen der aquatischen Lebensräume in der Shelta-Höhle zwischen Oktober 2018 und Juli 2021 durchgeführt“, berichten die Forscher. Obwohl sich die aquatische Gemeinschaft nicht erholt habe, könne das Fortbestehen von O. sheltae bestätigt werden, der seit 31 Jahren nicht mehr beobachtet worden war: mit der Beobachtung eines Weibchens und eines Männchens.
„Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, den Shelta-Höhlenkrebs zu finden“, erinnert sich Niemiller. „Meine Studenten, Kollegen und ich hatten die Höhle bereits im Vorfeld der Reise im Mai 2019 mehrmals besucht.“ Beim Schnorcheln in etwa fünf Meter Wassertiefe entdeckte er einen kleineren Höhlenkrebs unter sich: „Als ich abtauchte und näher kam, bemerkte ich, dass die Scheren im Vergleich zu anderen Krebsen, die wir in der Höhle gesehen hatten, ziemlich dünn und langgestreckt waren.“
Er konnte den Krebs mit seinem Netz fangen und zum Ufer bringen – es handelte sich um ein Weibchen mit einer Panzerlänge von weniger als einem Zentimeter, das im Inneren Eizellen entwickelte, also ein ausgewachsenes Tier war. „Wir notierten einige andere morphologische Merkmale, machten Fotos, entnahmen eine Gewebeprobe und ließen den Flusskrebs frei.“ Den zweiten Shelta-Höhlenkrebs, ein adultes Männchen, entdeckte Master-Student Nate Sturm später.
Der ausgestorben geglaubte Shelta-Höhlenkrebs wurde wiederentdeckt, hier das Weibchen auf dem Grottenboden.
Das Männchen des Krebses, der nur in dieser Höhle vorkommt.
Enger Verwandter
Die Wissenschaft ler fanden mit genetischen Analysen heraus, dass O. sheltae enger mit anderen stygobiotischen Flusskrebsen der Gattung Cambarus im nördlichen Alabama verwandt ist als mit Mitgliedern von Orconectes. „Wir plädieren dafür, diese Art als Cambarus sheltae anzuerkennen.“
Niemiller meint, dass es wichtig sei, auch die Gesundheit der winzigen Lebewesen zu kennen, die vom Grundwasser abhängig sind. „Grundwasser ist nicht nur für die Organismen von entscheidender Bedeutung, die in diesen Ökosystemen leben, sondern auch für die menschliche Gesellschaft etwa für Trinkwasser oder Landwirtschaft .“ Die Organismen dort leisteten wichtige Dienste wie Wasserreinigung und den biologischen Abbau. Sie dienten als Indikatoren für die allgemeine Gesundheit des Grundwassers und der Ökosysteme.
Literatur
DOOLEY, K.E. et al. (2022): Rediscovery and phylogenetic analysis of the Shelta Cave Crayfish (Orconectes sheltae Cooper & Cooper, 1997), a decapod (Decapoda, Cambaridae) endemic to Shelta Cave in northern Alabama, USA. Subterranean Biology 43:11-31. www.kurzelinks.de/sheltakrebs
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